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Mit doppeltem Engagement

Corinne Ramseier arbeitet schon ihr ganzes Berufsleben in der Elektrobranche. Um zu erfahren, wie sie sich weiterbildet und wie es ist als Frau auf dem Bau, haben wir sie in St. Moritz besucht. Lesen Sie dieses spannende Interview gerade auch dann, wenn Sie sich fragen, warum sie sich weiterbilden sollten. Egal, ob als Frau oder Mann!

Weiterbildung ist für Corinne Ramseier essenziell und deshalb etwas, das sie schon seit dem Gymnasium begleitet. Nachdem sie in Zürich die Matur gemacht hatte, entschloss sich Corinne, Elektromonteurin zu lernen. Ein Beruf, der wie für sie gemacht ist, das wird schnell klar, wenn man sie auf ihrer täglichen Arbeit begleitet. Andrea Biffi, ihr Chef, Inhaber und Geschäftsleiter der Elektro Pomatti AG in St. Moritz, weiss, was er an Corinne hat. 2003 lockte er die junge Eidg. Dipl. Elektromonteurin aus Zürich in sein Unternehmen in St. Moritz, wo sie seither als sehr engagierte Berufsfrau eine wichtige Stütze ist, sich ständig weiterbildet und nie rastet. Nur wenige in der Branche können ein vergleichbares Weiterbildungsportfolio präsentieren. Seit 2013 ist sie auch Mitglied der Geschäftsleitung, was aber für Corinne nicht bedeutet, dass der Job nur im Büro stattfindet, sondern immer auch dort, wo handfeste Arbeit anfällt. Die Tatsache, dass sie sich in diesem nach wie vor von Männern dominierten Umfeld als Frau behaupten muss, macht die Geschichte noch spannender.

Corinne, wie bist du auf deinen Beruf gekommen?

Nach der Matur wollte ich etwas Praktisches machen. Die Telefonie hat mich begeistert, aber damals gab es den Beruf des Telematikers noch nicht. So wurde ich Elektroinstallateurin.

Und das war die Initialzündung für deinen weiteren Bildungsweg?

Ja. Über den üblichen Weg Chefmonteurin/Kontrolleurin absolvierte ich auch die Meisterprüfung. Ich musste nach erfolgreichem Abschluss mehrmals beim damaligen VSEI nachhaken – und ich glaube, anschliessend kannte mich jeder dort (lacht) –, bis sie auf mein Diplom die Bezeichnung Eidg. Dipl. Elektroinstallateurin statt -installateur aufdruckten.

Wie ging es dann weiter, wie bist du von Zürich nach St. Moritz gekommen?

In der Meisterschule 2004 bot mir mein jetziger Chef Andrea Biffi an, seine Telematik-Abteilung in St. Moritz zu leiten. Das war eine grossartige Herausforderung für mich, da ich damit endlich meinem Ziel, in der Telematik zu arbeiten, näherkam. Zudem hatte 2003 die Alpine Skiweltmeisterschaft stattgefunden, an der ich die interessante Aufgabe hatte, beim Aufbau der Zeitmessung mitzuwirken. So war St. Moritz für mich als Stadtzürcherin nicht mehr ganz unbekanntes Terrain.

Telematik und Technik sind also deine Interessensgebiete?

Auf jeden Fall. Deshalb absolvierte ich auch die Weiterbildung zur Telematik-Projektleiterin sowie im Anschluss jene zur Eidg. Dipl. Telematikerin.

Du hast also zwei Meisterprüfungen?

Ja, das hat sich so ergeben. Aber ich bereue es auf keinen Fall.

Was fasziniert dich so an der Weiterbildung?

Mich zieht es immer wieder nach aussen, um auch Netzwerke ausserhalb der Region aufzubauen. Ich lerne dabei auch in den Pausen viel, beim informellen Austausch mit Geschäftspartnern. Und zudem ist es einfach spannend, immer wieder neuen Technologien und Möglichkeiten zu entdecken, die sich links und rechts der Telematik in unserem Berufsfeld auftun. Weiterbildung gibt mir eine neue Perspektive auf die tägliche Arbeit.

Frau und Baubranche: Ist das ein Thema, was kannst du uns dazu sagen?

Das ist ein spezielles Thema. Als Frau muss ich immer besser sein, um akzeptiert zu werden. Doppelt so gut, habe ich jeweils das Gefühl. Sogar bei gewissen jungen Leuten ist die Einstellung heute noch so. Das ist erschreckend für mich. Erst wenn ich mich bewiesen habe, akzeptieren die Männer mich als Frau auf dem Bau. Bei den langjährigen Mitarbeitern ist dies aber kein Problem mehr. Diese Tatsache war aber nicht der Grund dafür, dass ich mich weitergebildet habe, das will ich an dieser Stelle noch erwähnt haben. Weiterbildung ist einfach essenziell und wie gesagt spannend und wertvoll.

Du arbeitest nicht nur im Büro, sondern auch auf den Baustellen.

Das ist richtig, ich suche mir die Dinge aus, ich bin mir für nichts zu schade. Und zudem ist es für mich wichtig, dass ich den Bezug zur Realität nicht verliere. So kann ich jeweils auch besser abschätzen, wie viel Zeit ich für eine Arbeit brauche. Zudem ist mir der persönliche Kontakt zu den Kunden wichtig, ich gehe gerne zu den Leuten, damit ich ihre Gesichter kenne.

Wie schafft es Pomatti, das grosse Einsatzgebiet abzudecken?

Wir versuchen das mit Spezialisten zu lösen, aber die Fluktuation ist gerade bei den Projektleitern gross in unserer Region. Für uns ist es schwierig, hier Fachleute zu finden, weil sie weniger verdienen als in Zürich, die Lebenshaltungskosten aber die gleichen sind. Zudem ist es für junge Leute wichtig, auch mal anderswo Elektroluft zu schnuppern. Wenn sie dann zurückkommen, umso besser.

Ist die neue Grundbildung Gebäudeinformatiker ein Thema für euch?

Das ist ein spannender neuer Beruf. Informatik und Gebäudetechnik wachsen immer mehr zusammen. Ich finde das sehr wichtig. Wir haben in St. Moritz noch ein Verkaufslokal für Multimedia-, Audio und Videotechnik, das vor einem Jahr in die Telematik-Abteilung integriert wurde. Gerade die Installation von Netzwerken ist ein wichtiger Bereich für uns, sowohl bei Privat- als auch bei unseren Firmenkunden.

In welche Richtung sollte sich der Beruf entwickeln?

Ich finde, unser Beruf sollte am Markt besser verkauft werden. Angesichts unserer grossen Verantwortung in Sachen Strom und den damit verbundenen Sicherheitsanforderungen verdienen wir zu wenig. Wir als Installateure müssen uns hier engagieren, wir müssen uns endlich besser verkaufen. Klar, EIT.swiss kann uns dabei unterstützen.

Was sagst du einem jungen Schulabgänger, der diesen Beruf lernen will?

Es ist eine super Grundbildung mit unzähligen Möglichkeiten, gerade auch nach der Grundbildung, und ein extrem breiter Beruf.

Was macht dir in deinem Beruf am meisten Spass?

Immer wieder die neuen Sachen auszuprobieren, zum Beispiel neue Wireless- oder KNX-Komponenten. Tüfteln, bis etwas so geht, wie ich es mir vorgestellt habe, und dabei Erfahrungen sammeln. Vieles muss ich auch nach Feierabend machen, aber es führt mich immer wieder raus aus der Komfortzone.

Corinnes Telefon klingelt, sie muss los.

Danke für das Interview Corinne, dürfen wir dich begleiten?

Ja klar, gerne. Ich habe noch einen Termin im Hotel Kronenhof in Pontresina. Unsere Mitarbeiter sind dort an den letzten Fertigstellungsarbeiten und ich habe an der KNX-Gebäudetechnikanlage noch die letzten Konfigurationen zu machen.