Rücken durchgängig elektronische Dienstleistungen in weite Ferne?

Nachdem auch der Ständerat das «Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste» behandelt hat, sollte es eigentlich vorwärtsgehen. Der Nationalrat befürwortete bereits im Frühling die darin enthaltene Aufgabenteilung zwischen Staat und Privaten. Die Rede ist davon, dass private Unternehmen elektronische Identifizierung (E-ID) mit ähnlichem Inhalt wie die gedruckte Identitätskarte ausstellen können.

Mit einer solchen E-ID werden Behördengänge, Abstimmungen, Onlineeinkäufe und weitere Tätigkeiten via Internet deutlich vereinfacht. Eine eindeutige Benutzeridentifizierung wird möglich und bei digitalen Dienstleistungen können immer die gleichen Daten verwendet werden. Die bundesrätliche Vorlage sieht vor, dass solche E-IDs von privaten Unternehmungen unter Aufsicht des Bundes erstellt werden. Die Differenzbereinigung zu diesem Gesetz ist in der bevorstehenden Herbstsession vorgesehen. Doch nun droht stürmischer Gegenwind. Die Gegner dieses Konzeptes kündigen bereits ein Referendum an. Auftrieb erhalten sie von einer im Mai 2019 veröffentlichten Umfrage. Das Resultat fällt überdeutlich aus: Die elektronische Identität soll einzig und alleine vom Staat ausgestellt werden, finden 87 Prozent der Befragten. Das Resultat der Umfrage steht im Widerspruch zur laufenden Gesetzesberatung im Parlament. Dass der Staat in Fragen des Datenschutzes ein grösseres Vertrauen geniesst als private Unternehmen, erstaunt eigentlich nicht. Doch die Erfahrungen der letzten IT-Projekte zeigen, dass der Bund bei solch komplexen Themen schlicht überfordert wäre. Bei einer Kooperation zwischen Bund und Privaten kann viel gezielter auf die technische Herausforderung eingegangen werden. Bei einer Abkehr von dieser Zusammenarbeit würde die Realisierung einer E-ID um Jahre zurückgeworfen oder das Feld kampflos Google und Co. überlassen. Verblüffend ist, wie schwer es solche Neuerungen in der sonst so fortschrittlichen Schweiz haben. Selbstverständlich ist die Forderung berechtigt, dass mit Personendaten umsichtig umgegangen werden muss. Demzufolge achtet man beim vorliegenden Gesetzesprojekt explizit auf die Sicherheit und behält den Zugriff auf die Grunddaten beim Bund. Trotzdem schaukelt sich eine Opposition gegen diese Aufgabenteilung auf und wir geraten immer mehr ins Hintertreffen. In welcher Form unser Gewerbe betroffen ist, wird sich noch zeigen. Doch Themen wie Meldewesen, Sicherheitsnachweise, Datenschutzbestimmungen und elektronischer Schriftverkehr sind hoch- aktuell und schreien förmlich nach Reformen. Wenn nun die wichtigste Grundvoraussetzung, nämlich die Schaffung einer persönlichen E-ID, so mutlos vorwärtsgeht, wird die Realisierung von durchgängig elektronischen Dienstleistungen weitere Jahre auf sich warten lassen.

Zur Person
Matthias Samuel Jauslin, 57, Wohlen AG, ist durch und durch Milizpolitiker. Auch als Nationalrat ist er noch täglich für seinen Elektroinstallationsbetrieb auf Achse. Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automation tätig ist, und beschäftigt über 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit 2015 ist Matthias Samuel Jauslin Mitglied des Nationalrates sowie der Staatspolitischen Kommission und stellt sich auch im Oktober 2019 zur Wiederwahl für den Kanton Aargau.