Ein Beispiel, wie gewerbefreundlich das Bundesparlament wirklich ist

Eigentlich wollte die Kommission für Rechtsfragen eine geltende Regelung auf KMU und Gewerbebetriebe ausdehnen, damit diese vor missbräuchlichen Geschäftsbedingungen geschützt werden. Dazu wäre jedoch eine Fristverlängerung notwendig geworden, die leider auf Antrag des SVP-Nationalrates Hans-Ueli Vogt abgelehnt wurde.

Sie nerven den praxisorientierten Unternehmer: die ellenlangen allge-meinen Bedingungen, die jeder Submission voranstehen. Nicht mehr das gesprochene Wort zählt, sondern die umständlich formulierten Beiblätter, die häufig umfangreicher sind als das eigentliche Leistungsverzeichnis. Das Merkmal solcher Geschäftsbedingungen besteht darin, dass sie nicht individuell verhandelt, sondern von der Bauherrenseite gestellt und leider häufig zu Lasten der Unternehmer ausgestaltet werden. Der Unternehmer überfliegt die nicht mehr enden wollenden Seiten flüchtig. Schnell übersieht man eine Bedingung, die uns später teuer zu stehen kommen könnte. Auch beim Unterzeichnen des Werkvertrages nimmt man sich selten die Mühe, die einzelnen Vorgaben nochmals sorgfältig durchzulesen. Mit Schwung setzt man zur finalen Unterschrift an, akzeptiert damit sämtliche aufgeführten Geschäftsbedingungen. Zu sehr reizt der damit gefischte Auftrag.

Auch wenn wir dann im Nachhinein die Ansicht haben, dass es Bedingungen gibt, die wir als KMU als missbräuchlich erachten, haben wir kaum eine Chance, diese anzufechten. Was für einfache Konsumentenverträge in der damaligen Gesetzesrevision eingebaut wurde, muss von uns Unternehmen selber geschluckt werden. Die NZZ titelte 2011 dazu «Gesetzliche Diskriminierung mittelständischer Betriebe». Und warum wird das nicht korrigiert? Ganz einfach, weil wir Gewerbler an der letzten Wintersession das Ausmass eines Ablehnungsantrages aus den Reihen der SVP nicht erkannt haben.

2014 forderte nämlich der grünliberale Politiker Beat Flach mit einer parlamentarischen Initiative zu Recht, dass das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb so anzupassen sei, dass die Verwendung allgemeiner Geschäftsbedingungen, die in Treu und Glauben zum Nachteil der anderen Vertragspartei ein erhebliches Missverhältnis vorsehen, in jedem Fall als unlauter gilt. Dieser Vorstoss wurde vor fast zwei Jahren auch tatsächlich angenommen. Leider aber ist die Frist zur Ausarbeitung eines Erlassentwurfs verstrichen und der Nationalrat hätte in der Wintersession einer Fristverlängerung zustimmen müssen. Mit 92 zu 97 Stimmen wurde diese Verlängerung jedoch abgelehnt und somit ist das Begehren vom Tisch. Und damit werden KMUs nicht vor missbräuchlichen Geschäftsbedingungen geschützt. Wohlverstanden mit Hilfe eines fast geschlossenen bürgerlichen Blocks. Da frage ich mich, wie gewerbefreundlich wir als Bundesparlament wirklich sind?

Matthias Samuel Jauslin, 56, Wohlen AG, durch und durch Milizpolitiker. Auch als Nationalrat noch täglich für seinen Elektroinstallationsbetrieb auf Achse. Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automation tätig ist. Er beschäftigt über 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit 2015 ist er Mitglied des Nationalrates und der Staatspolitischen Kommission.