Es braucht Taten zugunsten der Berufsbildung

Wer solide ins Berufsleben starten will, ist mit einer Berufslehre bestens beraten. Unser feines Bildungssystem erlaubt dank der Durchlässigkeit jede erdenkliche Möglichkeit, um sich weiter zu qualifizieren. Doch die Berufsbildung steht unter dem Druck eines Arbeitsmarktes, der sich immer stärker an internationalen Massstäben orientiert.

Viele ausländische Topmanager, die keinen Schimmer von unserem Bildungssystem haben, gewichten einen akademischen Titel deutlich höher als eine praktische Berufslehre mit den entsprechenden Weiterbildungen. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch diskriminierend gegenüber den Absolventen einer Berufsbildung. Als Folge davon drängen immer mehr Eltern ihre Sprösslinge Richtung Gymnasium. Dies auch dann, wenn sich der junge Erwachsene in einer praktischen Berufslehre wohler fühlen würde. Länder, in denen das Absolvieren des Gymnasiums der Regelfall ist, kämpfen mit einer hohen Jugendarbeitslosigkeit. So zum Beispiel Frankreich mit 21 Prozent oder Italien gar mit satten 32 Prozent. Demgegenüber liegt die Schweiz mit einem bodenständigen Berufsbildungssystem im tiefen einstelligen Prozentbereich. Doch wie lange noch? Es braucht eine spürbare Bewegung gegen die Tendenz der Akademisierung und deutlichere Stimmen für die duale Berufsbildung. Natürlich werden durch die Digitalisierung die Anforderungen in vielen Berufen zunehmen. Doch dazu brauchen wir Praktikerinnen und Praktiker und nicht Schulbankkleberinnen und -kleber. Dass sich hier unser Verband stark engagiert und trotz des rauen Umfelds im Ausbaugewerbe die neue Grundausbildung «Gebäudeinformatiker/in EFZ» anbieten will, ist ein mutiger, aber durchaus richtiger Schritt.

Mir ist nicht bekannt, wie viele Bundesparlamentarier eine Lehre absolviert haben. Gefühlt wird es nicht einmal die Hälfte sein. Vor Publikum wird immer wieder das Hohelied der dualen Berufsbildung angestimmt. Doch es ist erschreckend, wie sorglos man mit der Berufsbildung umgeht und dass man die Herausforderungen für die Ausbildungsbetriebe, für die Berufsschulen und für die Lernenden nur vom Hörensagen kennt.

Im Herbst wurde eine Motion abgeschmettert, die verlangte, dass man den Beginn der Rekrutenschule auf den Berufslehrabschluss abstimmen soll. Die zuständige Bundesrätin zeigte zwar Verständnis für das Anliegen. Trotzdem empfahl sie die Ablehnung, weil sonst eine Vereinbarung mit den Schweizer Universitäten und den Fachhochschulen infrage gestellt würde. Es sei wichtig, dass Dienstleistende direkt nach der RS ihr Studium beginnen oder fortsetzen könnten, um somit kein Jahr zu verlieren. Dieser Aspekt sei höher zu werten, als den Beginn der Sommerrekrutenschule auf das vertragliche Ende der Berufslehre abzustimmen. Gleichzeitig argumentiert die Armeeführung betreffend RS-Beginn, man müsse vor allem auf die Universitäten schauen, damit man für das Kader der Armee Akademiker habe. Dieser Ansicht waren auch 97 Nationalräte und Nationalrätinnen – nur gerade 66 Stimmen setzten ein Zeichen zugunsten der Berufslehre.

Zur Person
Matthias Samuel Jauslin, 56, Wohlen AG, durch und durch Milizpolitiker. Auch als Nationalrat noch täglich für seinen Elektroinstallationsbetrieb auf Achse. Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automation tätig ist. Er beschäftigt über 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit 2015 ist er Mitglied des Nationalrates, heute Mitglied der Kommission Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N) sowie Mitglied der Geschäftsprüfungskommission.