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Stagnation als Herausforderung und Chance

Steigende Strompreise, die neu eingeführte Importsteuer und der ungenügende Zugang zu Heimladestationen lassen die Verkaufszahlen von Elektroautos stagnieren. Welche Massnahmen könnten der Elektromobilität wieder Auftrieb geben?

Elektroautos sind ein wichtiger Baustein, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Die Zwischenziele der CO2-Grenzwerte für neu immatrikulierte Personenwagen wurden im vergangenen Jahr mit einem Anteil von rund 20 Prozent Elektrofahrzeugen erreicht. Es überrascht nicht, dass bei gleichbleibenden Zielen der Marktanteil nun stagniert. Erst 2025 werden die Emissionsvorschriften weiter verschärft. Experten gehen davon aus, dass rund 35 Prozent Elektroautos nötig sind, um das Ziel zu erreichen. Dies wird zu einem erneuten Wachstumsschub führen. 

Der Autobranche fehlenden Verkaufswillen zu unterstellen, greift zu kurz. Die Produktepallette ist in den vergangenen Monaten stetig gewachsen, wettbewerbsfähige Elektroautos gibt es mittlerweile in allen Fahrzeugkategorien und sie machen richtig Spass zu fahren. Allerdings sind sie nach wie vor teurer als Verbrenner. Die zu Jahresbeginn eingeführte Importsteuer hat nicht dazu beigetragen, den Preisunterschied weiter zu verringern. Was günstigere Preise bedeuten, zeigt Deutschland. So hatte unser Nachbarland jahrelang mit Umweltprämien für Elektroautos die Preise künstlich gedrückt. Inzwischen ist die Absatzförderung ausgelaufen, der Markt hat auf die fehlende staatliche Förderung mit massiven Entzugserscheinungen reagiert. 

Bei so grundlegenden Veränderungen wie der Elektrifizierung des Antriebs sind nichtlineare Entwicklungen üblich. Die derzeitige Flaute sollte dazu genutzt werden, um die Rahmenbedingungen auf den Prüfstand zu stellen. Das Parlament hat sich kürzlich sehr knapp gegen ein Infrastrukturprogramm ausgesprochen. Auch ambitioniertere Emissionsziele oder gar Verbote finden keine Mehrheit. Daher müssen andere Massnahmen verstärkt werden. Zum Beispiel der vereinfachte Zugang zu Heimladestationen. Wer aber schon vor der Planung einer Anlage um Anschlussbewilligungen kämpfen oder Mehrheiten bei Miteigentümern zusammensuchen muss, steigt in der Regel nicht auf Elektromobilität um. Vor allem in Mehrparteiengebäuden muss der Zugang zu Heimladestationen mühsam erkämpft werden. Hier kann die Elektroinstallationsbranche wertvolle Unterstützung leisten. Skalierbare und massgeschneiderte Lösungen, welche mit gutem Lastmanagement laden, müssen bei der weiteren Entwicklung der Elektromobilität höchste Priorität haben. 

Unsere Nachteile beim Heimladenetz werden durch eines der qualitativ besten öffentlichen Ladenetze abgefedert. Der Ausbau schreitet täglich voran, notabene ohne staatliche Subventionen. Auch hier ist ein pragmatisches Vorgehen notwendig, damit die geeigneten Flächen zur Verfügung stehen. Der Ladeprozess muss weiter vereinfacht werden und eine transparente Ausgestaltung der Tarife kann die Anwendung massiv erleichtern. 

Ebenso muss die nach wie vor bestehende Benachteiligung bei der Firmenfahrzeugbesteuerung beseitigt werden. So werden Geschäftsfahrzeuge noch immer auf dem höheren Ankaufspreis taxiert. Diese Methodik verteuert unsinnigerweise die Betriebskosten. Zudem müssen auch zahlreiche Kantone in die Pflicht genommen werden. Wer die jährliche Motorfahrzeugsteuer immer noch auf Basis von Leistung und Gewicht berechnet, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Packen wir als Branche die Chancen und bauen unserer Kompetenz in diesem Bereich weiter aus. 

Matthias Samuel Jauslin
Matthias Samuel Jauslin

ist seit 2015 Mitglied des Nationalrats, Mitglied der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) sowie Mitglied der Geschäftsprüfungskommission (GPK). Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automation tätig ist.