Warum die Stellenmeldepflicht eine Schreibtischtat bleibt

Der Bundesrat hat die Arbeitsvermittlungsverordnung im Zusammenhang mit der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative definitiv verabschiedet. Darin sind die Eckwerte zur Stellenmeldepflicht und zur Senkung des Schwellenwerts von 8 auf 5 Prozent festgelegt. Dies kann auch das Elektrogewerbe betreffen.

Leider hat es der Bundesrat verpasst, die effektiven „Problemberufe“ im Detailhandel und in der Gastronomie anzugehen. Der ab Juli 2018 geltende Schwellenwert von 8% führt zur grotesken Situation, dass für 86 arbeitslose Werkzeugmaschinisten die Stellenmeldepflicht gilt, nicht aber für das Verkaufspersonal. Da deren Arbeitslosenquote bei „nur“ 5.6% liegt, darf trotz den 10‘700 arbeitslos gemeldeten Verkäuferinnen weiterhin Personal aus der EU geholt werden.

Auch auf das Elektrogewerbe wird diese undifferenzierte Meldepflicht Auswirkungen haben. So könnte ab 2020 die Stellenmeldepflicht für Elektrozeichner gelten. In diesem Beruf wird die 5%-Marke übertroffen, obwohl 2016 im Schnitt schweizweit gerade mal 26 arbeitslose Zeichner gemeldet waren. Die Verordnung geht von der irrwitzigen Annahme aus, dass stellensuchende Fachkräfte gleichzeitig arbeitslos sind und sich in jedem Falle beim RAV registrieren. Viele Stellensuchende sind aber gar nicht arbeitslos, sondern suchen schlicht und einfach eine neue Stelle, beispielsweise nach einem Auslandaufenthalt, einer Babypause oder dem Militärdienst. Haben sich nun diese Personen nicht bei einem RAV als arbeitslos gemeldet, können diese Fachkräfte nicht direkt eingestellt werden. Diese Diskriminierung halte ich für falsch. Sie führt zu unnötiger Bürokratie. Wir sind auf direkte und unkomplizierte Kontakte zu stellensuchenden Arbeitskräften angewiesen.

Wie genau die Behörde mit dem Malermeister umgehen wird, der auf sein Fahrzeug schreibt: "Wir suchen laufend Kollegen“ oder mit der Marketingfirma die ein YouTube-Video im Sinne von „Wir wachsen und suchen Dich als PR-Fachfrau“ ins Netz stellt und so unbeabsichtigt die Meldepflicht umgehen, bin ich mal gespannt.

Ich beurteile die Verordnung als untaugliche Schreibtischtat. Um die Zuwanderung effektiv und gezielt zu steuern, müssten in erster Linie Problemberufe angegangen werden. Erfreulicherweise entwickelt sich nun die wirtschaftliche Lage in Europa positiv und beeinflusst die Situation wesentlich. Wer gezielt Fachkräfte sucht, wird wohl Wunschkandidaten direkt ansprechen und die vakante Stelle gar nicht als offene Stelle deklarieren. Denn ab wann eine Stelle als offen gilt, konnte mir auch der Bundesrat nicht beantworten.

Matthias Samuel Jauslin, 56, Wohlen AG, durch und durch Milizpolitiker. Auch als Nationalrat noch täglich für seinen Elektroinstallationsbetrieb auf Achse. Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automationen tätig ist. Er beschäftigt über 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Seit 2015 ist er Mitglied des Nationalrates und der staatspolitischen Kommission.