Psychische Gesundheit der Lernenden in der Schweiz – Studie zeigt erfreuliche Ergebnisse
Eine neue Studie von WorkMed untersuchte die psychische Gesundheit der Jugendlichen in der Schweiz. Während die Lehre bei einigen zu psychischen Problemen führt, berichtet ein grosser Teil der Befragten von mehr Selbstvertrauen und Motivation.

Zwischen Belastung und Wachstum
Die berufliche Grundbildung ist ein zentrales Element des Schweizer Bildungssystems. Rund 60 % der Jugendlichen entscheiden sich nach der obligatorischen Schule für eine Lehre – so viele wie in keinem anderen europäischen Land. Dieser frühe Einstieg in die Arbeitswelt erfolgt in einer Phase intensiver persönlicher Entwicklung. Die Lehre bietet dabei viele Chancen, bringt aber auch Herausforderungen – insbesondere im Bereich der psychischen Gesundheit.
Eine grosse Studie mit über 43'000 Lernenden hat untersucht, wie Jugendliche die Lehre erleben, was sie stärkt oder belastet und welche Rolle die psychische Gesundheit dabei spielt. Die Ergebnisse zeigen ein gemischtes Bild: Viele berichten von Zufriedenheit, Stolz und Reifung – gleichzeitig erleben 61 % psychische Probleme während der Lehre. Besonders betroffen sind Jugendliche mit bereits bestehenden Belastungen oder schwierigen Erfahrungen vor dem Lehrbeginn.
Beziehungen als Schlüssel zur Stabilität
Trotz der Herausforderungen kann die Lehre eine positive Wirkung entfalten: Rund 90 % der Lernenden berichten von wachsendem Verantwortungsbewusstsein, Selbstvertrauen und Motivation. Diese Entwicklung hängt stark von unterstützenden Beziehungen im Betrieb und in der Schule ab. Ein positives Arbeitsklima, engagierte Berufsbildner*innen und das Erleben von Sinnhaftigkeit fördern sowohl den Lernerfolg als auch die psychische Stabilität.
Viele Jugendliche sprechen jedoch nicht über ihre Belastungen. Nur wenige nutzen betriebliche oder schulische Beratungsangebote – oft aus Scham oder dem Wunsch, allein zurechtzukommen. Besonders gefragt wären laut Lernenden anonyme, kostenlose und vom Ausbildungsort unabhängige Hilfsangebote.
Psychische Gesundheit gehört zur Ausbildung
Psychische Probleme bedeuten nicht automatisch negative Lernerfahrungen – und umgekehrt. Persönliches Wachstum und Belastung können gleichzeitig auftreten. Entscheidend ist, ob sich Lernende in ihrem Umfeld unterstützt fühlen. Wer sich gesehen und ernst genommen fühlt, bricht die Lehre seltener ab – selbst unter schwierigen Bedingungen.
Die Studie fordert ein neues Verständnis von psychischer Gesundheit: als Balance zwischen Belastung, Wachstum und Resilienz. Jugendliche brauchen Räume, um offen über ihre Sorgen zu sprechen – ohne Angst vor Stigmatisierung. Psychische Gesundheit sollte ein selbstverständlicher Bestandteil der Ausbildung sein.
Auch das Bild der „nicht belastbaren Jugend“ wird durch die Ergebnisse widerlegt: Die grosse Mehrheit zeigt Durchhaltewillen, Selbstverantwortung und Zuversicht. Es liegt an Betrieben, Schulen und Berufsbildungsämtern, dieses Potenzial zu erkennen und zu fördern.
Appell an die Lehrbetriebe
Lehrbetriebe tragen eine entscheidende Verantwortung – nicht nur für die fachliche Ausbildung, sondern auch für das psychische Wohlbefinden ihrer Lernenden. Wer junge Menschen ernst nimmt, ihnen zuhört und ein unterstützendes Umfeld schafft, legt den Grundstein für Motivation, Entwicklung und beruflichen Erfolg.
Indem Sie psychische Gesundheit aktiv thematisieren, Belastungen frühzeitig erkennen und vertrauensvolle Beziehungen fördern, leisten Sie einen wichtigen Beitrag zu einer gesunden Ausbildungskultur. Davon profitieren nicht nur die Lernenden – auch Ihr Betrieb gewinnt engagierte, resiliente Nachwuchskräfte, die der Branche langfristig erhalten bleiben und diese aktiv mitgestalten.