Drehmoment Bundeshaus: Eine unheilige Allianz auf dem Irrweg
Die Unterstellung der strategischen Infrastrukturen der Energiewirtschaft unter die Lex Koller, das war 2016 die Forderung von SP-Nationalrätin Badran. Durch diese liess sich die SVP in die Irre führen.
Die Vorlage hat zum Ziel, strategische Energie-Infrastrukturen vor einer Kontrolle durch ausländische Investoren zu schützen. Als diese Forderung 2016 eingereicht wurde, kämpfte die Energiewirtschaft in einem harten Preisumfeld. Energie war günstig und die Motivation, in neue Anlagen zu investieren, gering. Man befürchtete, dass ausländische Investoren unsere Kraftwerke zu Spotpreisen übernehmen und mit möglichst geringem Aufwand betreiben werden. Heute zeigt sich: Versorgungssicherheit muss einen Preis haben und nur mit entsprechenden Finanzmitteln werden neue Anlagen realisiert. Mögliche Investoren sollte man daher nicht vorsorglich ausschliessen.
Doch genau dieses Ziel verfolgt eine unheilige Allianz bestehend aus der SVP, den Grünen und der SP. Sie sieht im «Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland», also die sogenannte Lex Koller, die Lösung. Dieses Bundesgesetz ist jedoch auf den Erwerb von Grundstücken zugeschnitten, mit dem Zweck der Verhinderung einer Überfremdung des einheimischen Bodens. Ausländern ohne Wohnsitz in der Schweiz ist es verwehrt, Wohnliegenschaften oder Grundstücke in der Schweiz zu kaufen. Nun will die unheilige Allianz diese Regelung auch für Kraftwerke und Stromverteilnetze.
Eine Minderheit im Nationalrat, bestehend aus der FDP, der GLP und der Mitte beurteilt eine solche Regelung als untauglich. Auch der Bundesrat, die Kantone und die betroffene Branche warnen vor solchen Einschränkungen. Die Vorlage ist ebenfalls in der Vernehmlassung abgestürzt. Nur gerade 10 Teilnehmende, also knapp 11 % aller Teilnehmenden, befürworten die Vorlage. Die Mehrheit ist der Ansicht, dass das Ziel, strategische Infrastrukturen vor ausländischen Investoren zu «schützen», mit einer solchen Lösung verfehlt wird. Die Unterscheidung zwischen inländischen und ausländischen Personen ist bei solchen Beteiligungen nicht zu rechtfertigen. Aufwändige Bewilligungsverfahren, erschwerte Kapitalbeschaffungen und umfangreiche Kontrollen sind die Folgen. Bei bestehenden Freihandelsabkommen ist es wirkungslos. Zudem bedeutet es ein unverhältnismässiger Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit.
Würde anderseits der Besitz von Energieinfrastrukturen vollständig in öffentliche Hand zurückgeführt, wäre der Anreiz zur Weiterentwicklung von Anlagen und Verfahren beeinträchtigt. Die betroffenen Infrastrukturen sind bereits heute zu einem grossen Teil in staatlicher Hand und damit genügend stark reguliert. Aus meiner Sicht besteht bei der Frage der Besitzverhältnisse solcher Anlagen gar kein Handlungsbedarf.
Das nun vom Nationalrat vorgesehene Verfahrensregime ist problematisch und bringt Rechtsunsicherheit. Die Melde- und Kontrollpflicht wird einen erheblichen Aufwand verursachen. Es ist ausserdem fraglich, ob ausreichende öffentliche Interessen an der vorgesehenen Einschränkung der Eigentumsgarantie bestehen. Selbstverständlich sind strategische Infrastrukturen zu schützen, aber der gewählte Ansatz über die «Lex Koller» ist nicht zielführend und muss als Irrweg beurteilt werden. Nun liegt es am Ständerat, diesem Trauerspiel ein Ende zu setzen.
Matthias Samuel Jauslin
ist seit 2015 Mitglied des Nationalrats, Mitglied der Kommission Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N) sowie Mitglied der Geschäftsprüfungskommission. Er ist Geschäftsführer und Hauptaktionär eines Unternehmens, das im Bereich Elektroanlagen, Telematik und Automation tätig ist.